Radioaktiver Zerfall

Warum zerfallen Atomkerne?


Grundlagen Drei Ursachen des radioaktiven Zerfalls
Ein Atomkern wird dann instabil, wenn er entweder
- zu groß ist,
- zu viele Neutronen enthält oder
- zu wenige Neutronen enthält.
Diese drei Grundursachen entsprechen den drei häufigsten Zerfallsarten. (s.u.)

Bei jeder Zerfallsart werden Strahlungsteilchen (α- oder β-Teilchen) und Energie aus dem Massendefekt frei. Diese Energie liegt zum einen in Form von kinetischer Energie (Wkin=1/2 m v2) der freigesetzten Teilchen und zum anderen in Form von hochenergetischer Strahlung (γ-Strahlung, Wγ=hf = hc/λ) vor. Außerdem müssen ggf. zusätzlich entstandene Massen aus der freigesetzten Energie gebildet werden.

Außerdem werden beim β-Zerfall noch weitere Teilchen, die Neutrinos freigesetzt.
Ihre Existenz folgt aus dem Spin-Erhaltungssatz: Das abgesonderte Positron oder Elektron hat einen Spin von ±1/2 . Da sich die Anzahl der Nukleonen nicht geändert hat, muss der Kern seinen Spin beibehalten haben oder um eine ganze Zahl geändert haben.
Daher postulierte Pauli 1930 die Existenz eines weiteren Teilchens, des Neutrinos, das während des Zerfalls zusätzlich freigesetzt wird. Dieses hat einen zum freigesetzten Elektron oder Positron entgegengesetzten Spin und kompensiert diesen somit. Das Neutrino ist nahezu masselos und reagiert nur sehr selten mit anderen Teilchen. Daher wurde es lange kritisch als "Geisterteilchen" bezeichnet. Inzwischen gilt seine Existenz aber als gesichert.

Zerfallsarten Drei Grundformen des Zerfalls

1) α-Zerfall
Beim α-Zerfall spaltet sich ein Klumpen aus zwei Protonen und zwei Neutronen, also der Kern eines Helium-Atoms aus einem großen Kern ab.
Der Kern verliert dabei deutlich an Masse. Die Massenzahl m sinkt um 4, die Kernladungszahl k um 2.
Es wird Energie freigesetzt, die z.T. in der Bewegung des α-Teilchens und zum Teil in der γ-Strahlung steckt.

Es gilt: X k m Y k 2 m 4 + He 2 4 + γ


2) β+-Zerfall
Beim β+-Zerfall wandelt sich im Atomkern ein Proton in ein Neutron um.
Die dabei freigesetzte positive Ladung wird über ein Positron - ein positiv geladenes Elektron und Bestandteil der Antimaterie - abgegeben.
Die Massenzahl m ändert sich nicht, da die Anzahl der Kernteilchen gleich bleibt, Die Kernladungszahl k sinkt aber um 1.
Es wird Energie freigesetzt, die z.T. in der Bewegung des β+-Teilchens und zum Teil in der γ-Strahlung steckt.
Außerdem wird ein Neutrino ν freigesetzt.

Es gilt: p →n + e+ + ν und X k m Y k 1 m + e 1 0 + γ + ν

3) β--Zerfall
Beim β--Zerfall wandelt sich im Atomkern ein Neutron in ein Proton um.
Die dabei freigesetzte negative Ladung wird über ein Elektron abgegeben.
Die Massenzahl m ändert sich nicht, da die Anzahl der Kernteilchen gleich bleibt, Die Kernladungszahl k steigt aber um 1.
Es wird Energie freigesetzt, die z.T. in der Bewegung des β+-Teilchens und zum Teil in der γ-Strahlung steckt.
Außerdem wird ein Neutrino ν freigesetzt.

Es gilt: n →p + e- + ν und X k m Y k + 1 m + e 1 0 +γ + ν
Da das Neutron eine deutlich höhere Masse als das Proton hat, ist für die Umwandlung eines Protons in ein Neutron wesentlich mehr Energie notwendig, da neben der Masse des Positrons noch die zusätzliche Massendifferenz zwischen Proton und Neutron gebildet werden muss.
Daher sind β--Zerfälle deutlich seltener als β+-Zerfälle.

4) Weitere Zerfallsarten
Neben diesen Zerfallsarten gibt es noch weitere - wesentlich seltenere - Arten:
- die Neutronenabspaltung (Abgabe eines einzelnen Neutrons ohne weitere Umwandlung, )
X k m Y k m 1 + n 0 1 + γ
- den Neutronen- oder Elektroneneinfang (Aufnahme eines Neutrons in den Kern bzw. Einfang eines Elektrons durch ein Proton und Umwandlung der beiden in ein Neutron)
X k m + n 0 1 Y k m + 1 oder X k m + e 1 0 Y k 1 m
Bei dieser Kernumwandlungsart muss keine Energie freigesetzt werden, die eingefangegen Teilchen können sogar Energie in den Kern einbringen.

- die spontane Kernspaltung (Zerfall eines großen Atomkerns in zwei kleinere Atomkerne, evtl. unter Abspaltung von weiteren Neutronen und Protonen).
X k m Y k l q m n o + Z l n + q · p 1 1 + ( o q ) · n 0 1 + γ

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Potentialtopfmodell Quantenmechanische Beschreibung des Atomkerns

Dem Potentialtopfmodell liegen folgende Annahmen zugrunde:
  1. Durch die schlagartig einsetzende schwache Wechselwirkung befinden sich die Nukleonen in einem Potentialtopf gefangen. Beim "Fall" in diesen Potentialtopf setzen sie Energie frei.
  2. Neutronen und Protonen sind Quantenobjekte. D.h. sie prägen in diesem Potentialtopf ihre Welleneigenschaften aus.
  3. Durch die Begrenzung des Atomkerns können sie nur bestimmte Wellenlängen ausprägen, die zu stehenden Wellen führen, ähnlich wie die möglichen Schwingungen einer Gitarrensaite. Diese stehenden Wellen entsprechen bestimmten Energieniveaus, die ähnlich komplex strukturiert wie die Energieniveaus von Elektronen in der Atomhülle. Allerdings sind die Beträge der Energiniveaus im Atomkern um mehrere Größenordnungen höher.
Da sich die Protonen gegenseitig abstoßen, bilden sie insgesamt höher liegende Energieniveaus aus, als Neutronen. Außerdem bildet das Protonenpotential durch die Coulomb-Wechselwirkung eine positive Spitze.

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Zerfälle im Potentialtopfmodell Quantenmechanische Beschreibung der Vorgänge

Die drei Grundarten des radioaktiven Zerfalls können in diesem Modell folgendermaßen beschrieben werden:
  1. α-Zerfall:
    zwei Protonen und zwei Neutronen befinden sich auf Energieniveaus oberhalb der Nulllinie. Sie können gemeinsam als α-Teilchen durch den Potentialberg des Coulombpotentials hindurchtunneln.
  2. β-Zerfall:
    Für ein Neutron oder Proton gibt es auf der jeweils anderen Seite des Potentialtopfs einen freien Platz in den Energieniveaus, der energetisch so viel tiefer liegt, dass aus der verbleibenden Restenergie mindestens ein neues Positron oder Elektron, ein Neutrino sowie (im Fall des Übergangs p→n) zusätzliche Nukleonenmasse gebildet werden kann.
    Dann kommt es zu der oben beschriebenen Umwandlung des Nukleons.


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